Drei Männer stehen in einem Kreis und unterhalten sich

Schulung für den Data Lake

Ein Global Player aus Münster lässt Beschäftigte digitale Fähigkeiten vermitteln – von einem jungen Start-up.

Firma A ist ein Start-up. Firma B ist eine Tochterfirma eines der größten Chemiekonzerne weltweit. Bei A arbeiten derzeit acht Beschäftigte. B beschäftigt rund um den Globus etwa 11. 500 Menschen. Nautisch ausgedrückt: A ist eine Jolle, B ein ausgewachsener Tanker. Trotzdem, vielleicht sogar gerade deswegen, funktioniert die Zusammenarbeit sehr gut, wie beide Seiten versichern. Bei A handelt es sich um die erst im Mai gegründete edyoucated GmbH mit Sitz im Digital Hub münsterLAND in Münsters Hafen. B steht für die BASF Coatings GmbH, die die deutschen Standorte vereint und deren Hauptsitz sich ebenfalls am Standort Münster befindet. Simon Schmidt-Bussmann, von Hause aus Psychologe, leitet die Personalentwicklung und kümmert sich auch um die Kooperation mit edyoucated. Einer seiner Hauptansprechpartner hier ist Marius Vennemann, einer von vier Gründern. Er hat als Strategieberater bei McKinsey erlebt, wie wichtig digital gebildetes Personal ist. Kennengelernt haben sich Marius Vennemann und Simon Schmidt-Bussmann im Digital Hub münsterLAND, wo auch BASF Coatings seit Beginn des Jahres mit einer digitalen Einheit angesiedelt ist. „Der Arbeitsort hat eine wichtige Rolle für die Zusammenarbeit gespielt“, betont Schmidt-Bussmann. Man habe schnell gemerkt, dass ähnliche Interessen bestehen und es mögliche Schnittpunkte gibt. „Also haben wir uns irgendwann mal zusammengesetzt.“ Ein weit im Voraus geplantes Meeting muss man sich darunter nicht vorstellen. „Es war ein lockerer Austausch, ganz informell“, erinnert sich Vennemann. Passt man überhaupt zusammen? Das war die Frage, die schon nach einem zweiten Treffen mit „Ja“ beantwortet wurde. So kam es schließlich zum Vertrag: BASF ist der Auftraggeber, der für die Dienstleistungen des Start-ups bezahlt.

Individuelles Lernen

Ansonsten allerdings geht es so innovativ zu, wie man es bei einer Neugründung mit digitalem Background erwartet. Wie der Name schon vermuten lässt, steht bei edyoucated die Wissensvermittlung im Vordergrund. Genauer gesagt versteht man sich als Weiterbildungsanbieter für digitale Fähigkeiten. Das Versprechen lautet: Sie definieren die Lernziele Ihres Unternehmens und wir kümmern uns um den Rest. Dazu bewertet das Team das aktuelle Qualifikationsniveau der Beschäftigten und erstellt auf dieser Basis individuelle Lehrpläne. Auch wenn ein Software-Paket zum Portfolio gehört, ist E-Learning nur ein Teil des Angebots. „Einer meiner Professoren hat immer gesagt, dass Lernen nur auf zwei Wegen möglich ist“, erzählt Schmidt- Bussmann, „durch Wiederholung und durch Verarbeitungstiefe.“ Das sei mit E-Learning allein sehr schwierig zu erreichen. Deswegen stehen auf dem Lehrplan auch Präsenz-Veranstaltungen und use cases. Heißt: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Weiterbildung arbeiten gemeinsam an einem Projekt und lernen auf diesem Wege.

Schulung für das „Daten-Meer“

Vor wenigen Wochen ist die erste Qualifizierungsrunde mit 20 Beschäftigten gestartet. Unter ihnen sind auch einige angehende Data Stewards. Denn BASF Coatings, das ist der Hintergrund der Zusammenarbeit, ist momentan dabei, ihr Potenzial an Daten effektiver auszuschöpfen. Im Mittelpunkt steht der Data Lake, neudeutsch für einen großen Datenspeicher. Angesichts der permanent zunehmenden Masse an Informationen wäre es zutreffender, von einem Daten-Meer statt nur von einem See zu sprechen. Doch wer soll das alles auswerten, verknüpfen und statistisch aufbereiten? Hier kommen die Data Stewards ins Spiel. Mithilfe von edyoucated erlangen bzw. vervollkommnen sie die dafür nötigen Fähigkeiten. Und tragen letztlich dazu bei, Prozesse zu optimieren. Wenn ein Unternehmen wie BASF Coatings auf Unternehmen setzt, die erst wenige Monate am Markt sind, dann muss man „ein gewisses Risikobewusstsein natürlich mitbringen“, betont Schmidt-Bussmann. Das sei normal im Start-up-Bereich. Allerdings waren Vennemann und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter mit ähnlichen Anwendungen schon im Non-Profit-Bereich erfolgreich. Außerdem wird jede Weiterbildung von edyoucated im Nachgang evaluiert. Läuft diesbezüglich alles zur Zufriedenheit der Auftraggeberin bzw. des Auftraggebers, steht einer weiteren – und womöglich auch erweiterten – Zusammenarbeit nichts im Wege. Das edyoucated-Team freut sich über die Chance, die es bekommen hat. „BASF ist zwar nicht unser erster Kunde, aber bislang der größte“, sagt der Mitgründer. Die Jolle nimmt Kurs auf.


Quelle: Dieser Text ist zuerst erschienen im Wirtschaftsspiegel der IHK Nord Westfalen, 12/2019