Arbeit 2020 Warsteiner Brauerei
Thomas Gierhard im zentralen Kesselraum: Wo einst an einem 15 Meter langen Steuerpult der Brauprozess überwacht und gesteuert wurde, reicht heute ein einzelner Computerarbeitsplatz, der rund um die Uhr besetzt ist.

Angst vor Industrie 4.0? - Wir sind doch schon mittendrin

Die Warsteiner Brauerei hat sich im Projekt „Arbeit 2020“ intensiv mit der Digitalisierung befasst.

Interview mit Thomas Gierhard Betriebsratsvorsitzender bei der Warsteiner Brauerei

Thomas, was waren die wichtigsten Ergebnisse des Projektes?

Das waren zwei. Zum einen haben wir festgestellt, dass unsere Technik schon viel mehr leisten könnte, als sie es zurzeit tut. Wir wussten vorher, dass im Unternehmen alle Abteilungen sehr gut miteinander vernetzt sind. Uns war bereits bewusst, dass die Maschinen manche Prozesse auch schon selbst steuern könnten. Jedoch kommunizieren die Maschinen noch nicht miteinander, und sie entscheiden auch noch nicht selbst. Das kann aber schrittweise kommen. Und zum anderen ist uns als Betriebsrat deutlich geworden, dass wir bei der Digitalisierung die gleichen Themen auf dem Tisch haben wie sonst auch: Qualifizierung, Gesundheitsmanagement, Demografie, Arbeitszeit, Arbeitsplätze und Tarifverträge.

Haben die Beschäftigen bei Warsteiner Angst vor Industrie 4.0?

Wir leben schon immer mit der Automatisierung. Was die technische Entwicklung anbelangt, waren wir stets auf dem Stand der Zeit. Ich arbeite seit 28 Jahren bei Warsteiner. In der Zeit wurden kontinuierlich mehr Computer eingesetzt, und die Kolleginnen und Kollegen mussten sich immer wieder auf neue Techniken einstellen. Das erfolgt Schritt für Schritt. Die Angst vor Industrie 4.0 ist deshalb nicht besonders groß. Im Grunde sind wir ja schon mittendrin. Das hatten wir vor dem Projekt nur noch nicht so explizit realisiert. Jetzt ist es uns bewusster geworden.

Ihr habt bei dem Projekt auch Zukunftsszenarien durchgespielt. Hältst du es für möglich, dass die Maschinen den Menschen bei Warsteiner irgendwann ganz oder weitgehend ersetzen werden?

Nein. Wir sind in der Lebensmittelindustrie. Da spielt Geschmack eine große Rolle und damit auch der Mensch. Schmecken und fühlen können Computer zum Glück nicht. Wir haben durch das Projekt aber auch gemerkt, dass wir gut für die digitale Zukunft gerüstet sind. Wir legen viel Wert auf die Ausbildung und Weiterqualifizierung unserer KollegInnen. Das wird sich gerade bei der weiteren Digitalisierung auszahlen.

Ihr habt durch das Projekt einiges ins Rollen gebracht.

Allerdings! Wir konnten mehrere Betriebsvereinbarungen abschließen, zum Beispiel zum Thema „Skype for Business“. Es wird aber noch weitergehen. Wir wollen noch eine Rahmen-Betriebsvereinbarung zum Komplex IT-Projekte auf den Weg bringen. Und ganz wichtig: zur Weiterbildung und Qualifikation - vor allem auch für die Führungskräfte. Wir wollen regeln, dass die mindestens alle zwei Jahre Führungstrainings bekommen. Früher waren Führungskräfte die besseren HandwerkerInnen. Heute müssen sie ganz andere Kompetenzen mitbringen. Deswegen müssen sie geschult werden. Da sind wir bereits in Gesprächen mit der Geschäftsleitung.


Quelle: Das Interview ist zuerst 2017 erschienen in der Broschüre Digitalisierung: Einblicke in die Ernährungsindustrie der Gewerkschaft NGG.